- Offizieller Beitrag
Polizei kassiert Handys von Autofahrern ein - Findest du das OK? 37
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ZitatAlles anzeigenVon FLORIAN MEIDENBAUER
In Köln macht gerade eine neue Praxis Schule: Um nach Verkehrsunfällen an Beweismittel zu kommen, kassiert die dortige Polizei jetzt Handys ein. Das soll bei der Aufklärung helfen und vor dem Telefonieren während der Fahrt abschrecken. Rechtsexperten finden das Vorgehen allerdings streitbar.
Ein Auto rast ungebremst in ein Stauende, es gibt Verletzte und Tote. Das alles passiert bei Tageslicht, normalem Tempo und guten Straßenverhältnissen. Wie kann so etwas passieren? Die Anzahl von Unfällen wie diesem steigt – hat womöglich ein abgelenkter Fahrer die Schuld? Der hauptverdächtige Aufmerksamkeitsdieb: das Handy.
Eine Studie der Allianz-Versicherung bestärkt den Verdacht: In zwei von vier Unfällen ging Unaufmerksamkeit dem Crash voraus – 40 Prozent aller Autofahrer telefonieren ohne Freisprecheinrichtung, immerhin ein Fünftel verschickt während der Fahrt SMS oder sieht nach, was im Netz los ist. Dabei ist Telefonieren am Steuer verboten, wer erwischt wird, bekommt ein Bußgeld von 40 Euro und einen Punkt in Flensburg.
Um solche Fälle in Zukunft leichter aufklären zu können, kassiert die Polizei Köln jetzt die Mobiltelefone der Unfallteilnehmer ein, um sie auszulesen. Betroffenen bleibt entweder übrig, das Gerät freiwillig „sicherstellen“ zu lassen – oder es wird von der Polizei „beschlagnahmt“. Kurz: An der Wegnahme führt also kein Weg vorbei.
Der Hintergrund: Durch Verkehrsmessungen hatte die Kölner Polizei festgestellt, dass sich der Anteil von Autofahrern mit Handy am Ohr von 2007 bis 2013 knapp verdreifacht hat. Gleichzeitig kam es auf den Kölner Straßen immer häufiger zu ungeklärten, schweren – und oft tödlichen– Unfällen.„Das hat uns veranlasst, die Verfahrensweise zu ändern.“, so Helmut Simon, Leiter der Direktion Verkehr bei der Polizei Köln. „Wir beschlagnahmen die Telefone nun nicht nur bei Verdacht. Auch wenn wir keinen Hinweis haben, wird das Handy sichergestellt, um dann hinterher abzuklären, ob wir das Handy auswerten dürfen“.
Überprüft werden Anrufliste, SMS- sowie E-Mail-Postfach: Anhand der Zeitstempel will die Polizei herausfinden, ob zum Zeitpunkt des Unfalls verbotenerweise das Handy in der Hand war und der Fahrer so abgelenkt wurde.Helmut Simon sieht die Maßnahme vor allem als Abschreckung, will so Leben retten: „Wer beim Autofahren verbotenerweise das Handy in der Hand hat und einen Unfall verursacht, soll wissen: Wir finden es heraus, die Tat wird bestraft werden – und wenn jemand deshalb zu Schaden kommt, sind Sie ihr Leben nicht mehr glücklich“.
Aber ist das rechtens? Verkehrsrechtsanwalt Stefan Nolte aus Duisburg steht dem Vorgehen kritisch gegenüber. „Eine Generalbeschlagnahme ohne richterlichen Beschluss halte ich für bedenklich.“, so der Experte. „Es muss ein konkreter Verdacht bestehen, wird einfach ins Blaue beschlagnahmt und der Richtervorbehalt gezielt ohne Prüfung des Einzelfalls umgangen, wird nicht nur gegen das Grundgesetz verstoßen“.
Rainer Hillgärtner, Pressesprecher des Automobilclub Europas (ACE), der zusammen mit der Universität Salzburg eine Studie über das Ablenkungspotential von Infotainment im Straßenverkehr durchgeführt hat, kann das Vorgehen bei schweren Unfällen verstehen, sieht aber eine Alternative zur Beschlagnahmung: „Als milderes Mittel kann auch der Verbindungsnachweis ausreichend sein, den der Telefonanbieter gegebenenfalls zur Verfügung stellen kann“, so der Verkehrsexperte.Michael Mertens, stellvertrender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW, glaubt dass die Kölner Praxis Vorbildcharakter für andere Bundesländer hat: „Ich glaube, es gibt in Deutschland eine extreme Dunkelziffer an Verkehrsunfällen, die von abgelenkten Fahrern verursacht wurden. Die Methode der Kölner Polizei hat also eine abschreckende Wirkung im Interesse der Verkehrssicherheit.“
Ob das der Fall sein wird, hängt wohl vor allem von der umstrittenen Rechtmäßigkeit ab – und davon, ob so auf lange Sicht die Zahl der Unfälle und Toten tatsächlich reduziert werden kann.
Quelle:
http://www.bild.de/auto/auto-news…32364.bild.html
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Diskutiert darüber.