Nützliches & Wissenswertes: Wie tief darf mein Auto sein?
Eine Frage, mit der viele in dieser Saison konfrontiert wurden.
VW SPEED hat den Paragraphenwald durchforstet und fand keine Regel für den TIEFBAU.
Manchem Tuning-Fan klappte die Kinnlade herunter, als bei "Alles VW" in Osnabrück am Beginn
der Saison Polizisten sieben Zentimeter hohe Holzklötzchen an Bindfäden unter dem Auto
herzogen, um zu sehen, ob es irgendwo aneckt. "Ist das denn überhaupt rechtens ?" fragten die
verdutzten VW-Fahrer und warfen die Stirn in Falten. Gern klärte die Polizei auf und teilte mit, sie
habe ihre Vorschriften und legte einige Fahrzeuge kurzerhand still - allerdings wegen anderer
Umstände als der Tieferlegung. Die Frage lautet also : War dies Übereifer oder gibt es Vorschriften,
die ein solches Vorgehen rechtfertigen ?
Unsere Recherche in der Pressestelle des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) in Flensburg ergab, dass
es keine gesetzliche Vorschrift gibt, die die Bodenfreiheit von Automobilen regelt. "Lediglich für
Geländewagen gibt es eine Mindesthöhe, den so genannten Böschungswinkel", schränkte Angela
Bartholomae von der Pressestelle ein. Also, alles klar ? Noch nicht ganz !
Wir schlugen selbst in der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) nach und fanden... nichts :
Kein Wort über Tieferlegungen. Einzig der Gummiparagraph 30 über Zulassungsbestimmungen von
Fahrzeugen könnte relevant sein, doch kein Absatz, kein Anhang trifft dieses Thema.
Die
Prüfungsorganisationen tragen Fahrwerke namhafter Hersteller in die Fahrzeugpapiere ein, die etwa
per Gewindeverstellung Tieferlegungen weit unter die oft zitierten 110 Millimeter Bodenfreiheit
ermöglichen. Gleichzeitig gibt es aber auch das VdTÜV Merkblatt 751, das in einem Anhang eine
Mindestbodenfreiheit von 110 Millimeter empfiehlt. Also fragten wir einen Experten des TÜV
Rheinland in Köln.
Herr Fälker erklärt, dass das Merkblatt VdTÜV 751 nicht mehr als eine
"Richtschnur" für den Prüfer ist und keine Rechtsverbindlichkeit besitzt. Für den Praktiker ist es viel
wichtiger, dass die Fahrzeuge noch anständig über Bodenwellen in Tempo 30-Zonen kommen. "Da
sollte nach Möglichkeit nichts aufsetzen. Wie tief ein Fahrzeug am Ende sein darf, kann man
pauschal nicht sagen. Manche Autos haben in der Mitte ihren tiefsten Punkt, andere vorn am
Spoiler, einige auch erst am Endtopf", erklärt Fälker. Es komme auf den Einzelfall an.
Ein vernünftiger Standpunkt, gleichzeitig aber keine pauschale Reglementierung, die einem das
Leben knapp über der Grasnabe generell verbieten würde.
Stilllegungen nur wegen zu geringer
Bodenfreiheit wären somit unzulässig.
Bleibt noch die direkte Nachfrage bei der Polizei. Gerd Nolte vom 1. Polizeikommissariat in
Osnabrück kann sich noch gut an die Aktion anlässlich "Alles VW" erinnern. Tatsächlich habe man
einen Holzklotz mit 7,5 Zentimetern Höhe verwendet. Eine Toleranz zu den bekannten elf
Zentimetern, die man den Fahrzeugbesitzern gutschrieb. Grundlage des Handelns sei nicht das
Merkblatt 751 gewesen, sondern der Grundsatz der Verkehrssicherheit. "Ausschlaggebend für die
Stilllegungen war nicht die Tieferlegung, sondern die dazu gewählte Rad-/reifenkombination", stellt
Gerd Nolte richtig. Ansgar Warmhoff von der Dekra Osnabrück war laut Gerd Nolte für die
Begutachtung der Fahrzeuge zuständig und arbeitet eng mit der Polizei zusammen. Am Telefon
mochte sich der Sachverständige allerdings nicht äußern und verwies auf die Zentrale der Dekra in
Stuttgart. Die Presseabteilung dort nennt als Grundlage einerseits die im Merkblatt 751
beschriebene Prüf-Methode, stellt aber die Entscheidung über die Zulässigkeit ins Ermessen des
Prüfers.
Fazit : Nur wegen einer heftigen Tieferlegung kann eigentlich nichts passieren - solange sie korrekt
eingetragen ist ! Alle Umbaumaßnahmen müssen im Fahrzeugschein genauestens vermerkt sein.
Hilfreich ist es, neben dem Schein die Prüfberichte mitzuführen, nur für den Fall, dass die Polizei die
Eintragung an sich anzweifelt.
Aber auch das kann euch nicht vor einer Wiedervorführung des Fahrzeuges nach §17 StVZO
bewahren. Sollte ein Polizist berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Gutachtens oder am verkehrstauglichen Zustand des Fahrzeuges haben, kann er eine Mängelkarte ausstellen.
Innerhalb
einer Frist muss dann der Mangel abgestellt, und das Fahrzeug einem Gutachter vorgeführt werden.
Unser Tipp : Den Kompletten Umbauplan vorab mit dem zuständigen Prüfer absprechen und
hinterher alles penibel eintragen lassen. ABEs und Prüfberichte immer mitführen. Bei der Kontrolle
immer freundlich, sachlich und zurückhaltend bleiben, dann kann fast nichts schief gehen.
(Quelle : VW SPEED)
(c) 2006 Axel Paehler <webmaster@35i.net>
URL: http://www.35i.net/